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Waldsterben 2.0

Was passiert mit unserem Wald?

Wanderer und Radfahrer haben es spätestens seit dem Sommer 2019 bemerkt: Irgendetwas ist anders in den märkischen Wäldern.

- Wegsperrungen anstatt endloser Wander- und Radwege

- Motorsägenlärm anstatt rauschender Wälder, Vogelgezwitscher und Bachgeplätscher

- Harvesterspuren und tiefer Matsch anstatt gut ausgebauter Wege

- Kahle, vertrocknete und gänzlich abgestorbene Bäume statt Waldidylle

- Kahlschlagflächen statt CO²-Senken mit frischer Luft

Was ist los im Märkischen Kreis?

Wir erleben gerade das Waldsterben 2.0. Was das ist? Seht und hört selbst:

Quelle: Media4Web

Quelle: Media4Web (Radio MK, Lüdenscheid LIVE vom 8.10.2019)


Hintergründe zum Waldsterben 2.0

Interview mit Herbert Röttger, Wald und Holz NRW / Regionalforstamt Märkisches Sauerland

1. Wenn man durchs Land fährt, sieht man sehr viele Bäume, die krank oder abgestorben wirken. Dabei sind dies nur die Zonen, die man von Straßen und Bahngleisen aus erkennen kann. Wie sieht es mitten in den Waldgebieten des Naturparks Sauerland-Rothaargebirge aus?

Im Innenbereich der Waldgebiete im Naturpark Sauerland-Rothaargebirge ergibt sich im Wesentlichen das gleiche Bild, welches Sie von der Straße aus erkennen können. Dabei sind jedoch die sonnenexponierten Standorte sowie die trockeneren Kuppenlagen stärker betroffen als die Nordhänge und Tallagen, da hier die Wasserverfügbarkeit für die Baumart Fichte günstiger ist.  Auf Grund der Möglichkeit einer gesteigerten Harzproduktion sowie einer allgemein erhöhten Vitalität können die Fichten einen ersten Käferanflug eventuell abwehren.

2. Wo haben sich die heißen Sommer der letzten beiden Jahre im Naturpark Sauerland-Rothaargebirge ausgewirkt? Welche Baumarten sind besonders betroffen? Besonders betroffen ist die Baumart Fichte. 

Die höchste Befallsdichte ist in den tiefer gelegenen Bereichen des Naturparkes festzustellen.  Ab einer Höhenlage von 500 m ü. N.N. reduziert sich der Borkenkäferbefall. Am stärksten betroffen ist die Baumart Fichte. Bei hoher Käferdichte werden jedoch auch Lärchen befallen. 

3. Gibt es neben der Hitze und der Trockenheit weitere Faktoren, die dem Wald bzw. bestimmten Bäumen zu schaffen machen? 

Die unvermindert hohen Einträge von Stickoxyden und bestimmten Säureverbindungen aus Industrie, Kraftfahrzeugverkehr und Haushalten setzten den Waldbäumen stark zu und haben in den letzten Jahren zu einer kontinuierlichen Zunahme der Waldschäden geführt. 

4. Wie bekommen Sie einen Überblick über Schädigungen und Schädlinge im Wald?

Durch kontinuierlich durchgeführte Waldbegänge verschaffe ich mir einen Überblick über den Gesundheitszustand des in meinem Zuständigkeitsbereich befindlichen Waldes. Der Waldzustandsbericht der Landesregierung, welcher seit über 30 Jahren über den Gesundheitszustand unserer Wälder informiert, gibt mir ein zusätzliches Instrument an die Hand, den Gesundheitszustand des Waldes beurteilen zu können. 

5. Was können Sie tun, damit sich der Wald erholt? Die Erholung des Waldes ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. 

Als Forstbeamter kann ich die von mir betreuten Waldbesitzer auf die Gefährdung des Waldes aufmerksam machen und durch entsprechende Maßnahmen, wie z.B. eine Waldkalkung bzw. durch entsprechende Baumartenwahl bei der Wiederaufforstung auf die jeweilige Situation reagieren. 

6. Der Borkenkäfer-Befall hatte in NRW bereits 2018 zugenommen. Für dieses Jahr sind noch keine Statistiken kommuniziert. Wie schätzen Sie momentan die Lage ein? 

Die weitere Entwicklung des Borkenkäferbefalles ist vom Witterungsverlauf der nächsten Jahre abhängig. Eine seriöse Vorhersage bezüglich einer Zu- oder Abnahme der Käferpopulation ist nur schwer möglich.

7. Was müssen Sie tun, um die Borkenkäfer zu bekämpfen? 

Wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen, befallenes und forstschutzrelevantes Holz so schnell wie möglich aufarbeiten und aus dem Wald entfernen zu lassen. Aufgrund des Überangebotes an Fichtenholz ist das jedoch nicht immer oder nur zeitverzögert möglich. 

8. Welche Auswirkungen haben die Maßnahmen für Wanderer und Spaziergänger? 

Wanderer und Spaziergänger müssen aufgrund der deutlich gestiegenen Arbeitseinsätze im Wald mit Beeinträchtigungen rechnen. Einige Wege werden vorübergehend für Waldbesucher gesperrt werden müssen, um eine Gefährdung der Menschen durch Baumfällaktionen und Forstmaschinen auszuschließen. Aufgrund der derzeitigen nassen Witterung werden einige Wirtschaftswege stark in Mitleidenschaft gezogen. Nach Abschluss der Arbeiten werden wir versuchen, den ursprünglichen Zustand der Wege so schnell wie möglich wiederherzustellen. Ich bitte jedoch zu bedenken, dass sich die Wege in vielen Fällen im Eigentum privater Waldbesitzer befinden und als Wirtschaftswege vorrangig der Lagerung und dem Transport des Holzes dienen. 

9. Gibt es Dinge, die Wanderer und Spaziergänger besonders beachten müssen? Oder können sie zum Schutz der Wälder beitragen? 

Rücksichtnahme auf die Belange der privaten Waldbesitzer, welche durch die derzeitige Situation stark in Mitleidenschaft gezogen werden, ist das Gebot der Stunde. 

10. Wo können sich Wanderer und Spaziergänger über die aktuelle Situation informieren?

Die Förster des Landesbetriebes Wald und Holz stehen für alle Fragen zur aktuellen Situation sowie für sonstige Fragen rund um den Wald gerne zur Verfügung. Durch einen Anruf beim Regionalforstamt Märkisches Sauerland in Lüdenscheid lassen sich zusätzlich viele Fragen klären. 

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